Irgendwann geht es beim veganen und Rohkost-Lifestyle um mehr als nur Ernährung. Es gehört dazu, dass man anfängt nach mehr im Leben als physischer Gesundheit, Fitness und Schönheit zu suchen und sich für mehr als nur für Lebensmittel zu interessieren. So ging es mir. Wenngleich ich mich auch früher schon für Achtsamkeitsmeditation interessiert habe, kam ich wegen dem unnatürlichen Essen nicht weiter. Je natürlicher und reiner ich mich ernähre, desto klarer wird mein Bewusstsein. Ich habe bei einem Blogger ein Video über Schweigeretreat in einem Kloster in Thailand gesehen und mir vorgenommen irgendwann hinzufahren, um diese Erfahrung zu machen und mir selbst näher zu kommen.
Auf meiner viermonatigen Asienreise hat sich so eine Möglichkeit ergeben.
Als ich im Schweigeretreat von Wat Suan Mokkh ankam, wusste ich nicht genau, was mich in den nächsten 10 Tagen erwarten sollte. Ich stellte schnell fest, dass es mit allen Meditationen, die ich früher gemacht habe, nicht viel gemeinsam hatte. Dieses Meditations-Retreat ist so etwas wie die Hardcore-Variante, die reinste und schnörkelloseste aller Meditationen.
Was ist eine Achtsamkeitsmeditation?
Während des Vipassana-Retreats wird die Entwicklung von Einsicht durch Anapanasati (Betrachtung des Körpers während der Ein- und Ausatmung) geübt.
Jeder Teilnehmer verpflichtet sich die ganzen 10 Tage den strengen Tagesplan einzuhalten (siehe unten), das edle Schweigen zu wahren, weder zu lesen (außer Meditationsbeschreibungen) noch zu schreiben (außer kurze Notizen beim Mönch-Vortrag). Alle Geräte (Telefon, Computer, Kamera, MP3-Player usw.) und Bücher sollen abgegeben werden. Darüber hinaus sollen sexuelle Aktivitäten und Gedanken eingestellt und die acht Tugendregeln eingehalten werden. Die Tugendregeln folgen dem von Buddha gelehrten edlen 8-fachen Pfad.
- Intend not to take away any breath (abstain from killing).
- Intend not to take away what is not given (abstain from stealing).
- Intend to keep one’s mind and one’s body free from any sexual activity
- Intend not to harm others by speech.
- Intend not to harm one’s consciousness with substances that intoxicate and lead to carelessness (no alcohol, no drugs, no smoking etc).
- Intend not to eat between after noon and before dawn.
- Intend not to dance, sing, play or listen to music, watch shows, wear garlands, ornaments and beautify oneself with perfumes and cosmetics.
- Intend not to sleep or sit on luxurious beds and seats.
Auf deutsch heißt das also:
1. Nicht töten (veganes Essen ist selbstverständlich, aber auch keiner Mücke oder anderem Wesen darf Leid getan werden)
2. Nicht nehmen, was dir nicht gehört (nicht stehlen)
3. Keine sexuellen Aktivitäten, auch keine Fantasien
4. Nicht durch Worte verletzen
5. Dem Bewusstsein nicht durch toxische Mittel schaden (Kaffee, Alkohol, Drogen), auch Rauchen ist komplett verboten
6. Zwischen Mittag und Sonnenaufgang nichts essen, nur 2 Mahlzeiten täglich 8:00 und 12:30
7. Nicht tanzen, singen, Musik spielen oder hören, sich schmücken oder parfümieren
8. Nicht auf luxuriösen Betten schlafen oder Sesseln sitzen – dafür ein Bett aus Beton mit Bambusmatte und Holzkissen.
Die Regeln im Schweigeretreat
Die Kleidung soll zweckmäßig sein und alles von den Schultern bis zum Knie bedecken (keine kurzen Hosen oder ärmellose T-Shirts oder Leggings). Waschen darf man sich im gemeinschaftlichen Brunnen – Duschen gibt es nicht. Dabei darf man nicht nackt sein, sondern man soll einen Sarong umhaben und sich mithilfe einer Schüssel begießen.
Außerdem sollen alle eine Aufgabe (Chore) für die Gemeinschaft übernehmen, z.B. Kehren, Toiletten reinigen, Küche aufräumen etc., und sich bemühen, ein spirituelles Leben zu führen. Alles soll achtsam gemacht werden: Gehen, Atmen, Essen, Waschen – alles. Diesen Regeln folgend leben alle Kursteilnehmer wie buddhistische Mönche.
Wie sah mein Tagesablauf im Schweigeretreat aus?
4.00 Die Morgenglocke läutet. Im Stockdunkeln versuche ich mit der Laterne den Weg zum Brunnen zu finden, ohne dabei auf einen Skorpion, Frosch oder Tausendfüßler zu treten.
4.30 Morgenlesung
4.45 Sitzmeditation
5.15 Yoga (eine meiner Lieblingsaktivitäten des Tages)
7.00 Morgenvortag von Ajahn Poh, dem 84-jährigen Abt von Suan Mokkh, dessen Englisch niemand verstanden hat und der dennoch jeden inspirierte; anschließend Meditation
8.00 Frühstück (Reissuppe, Bananen und frische grüne Kräuter), danach heiße Quellen – auch meine Lieblingsaktivität.
10.00 Dhamma Talk – die Theorie zu Buddhismus und Meditation
11.00 Gehmeditation
11.45 Sitzmeditation
12.30 Mittagessen. Die letzte feste Nahrung bis zum nächsten Frühstück!
14.30 Dhamma Talk, Meditationsanleitung (Vortrag)
15.30 Gehmeditation
16.15 Sitzmeditation
17.00 Chanting – Singen in einer unbekannten Pali-Sprache. Ich mochte es, dem Mönch zuzuhören. Er hatte eine so beeindruckende Energie in seiner Stimme! Und danach mein Favorit: Love and Kindness-Meditation, wo man Liebe, Wärme oder Gesundheit verschickt.
18.00 Tee und heiße Quellen. Es gab Kakao mit Milch und viel Zucker – nichts für mich. Ich habe Wasser genossen und die Zeit genutzt, um in den heißen Quellen meinen vom Sitzen versteiften Körper einzuweichen.
19.30 Sitzmeditation
20.00 Gruppengehmeditation
20.30 Sitzmeditation
21.00 Nachtruhe. Zurück zum Dormitorium, in die Betonkammer, bevor das Tor geschlossen wird.
21:30 Licht aus. Ich war so fertig, dass ich sogar auf Betonbett und Holzkissen sofort einschlief.
Vipassana Meditation
Die ersten paar Tage waren echt schwer und ich kam mir teilweise vor, als wäre ich in einer Sekte gelandet, besonders beim Chanti-Singen oder Beobachten, wie Mönche sich kniend dreimal verbeugen oder aufgezeichnete Buddhismus-Vorträge in schrecklicher Qualität hören. Vom vielen Sitzen auf dem Boden taten mir Rücken und Knie weh. Ich hatte das Gefühl, dass mein Hinterteil total platt geworden ist. Schlafdefizit und Hunger trugen noch zusätzlich zum Unwohlsein bei. Außerdem hat mich in den ersten 5 Tagen die Meditation einfach nur aggressiv gemacht, da ich nicht verstanden habe, wozu es gut sein soll.
Bei dieser Meditation ging es nämlich nur um einatmen und ausatmen und einatmen und ausatmen und in sich hineinhören. Das war’s! Keine Analysen des Lebens, kein Verzeihen usw. Einfach langer Atem: auf 5 einatmen, auf 5 ausatmen. „Вe aware of your body, feel the wisdom of the breath, the wisdom of the nature“,- wiederholte der Mönch 1000 mal das Gleiche bei der Meditationsanleitung. Bei der Gehmeditation sah es wie in einem Zombie-Film aus Hollywood aus: 140 Menschen liefen im Schneckentempo, 3 Meter vor sich in den Boden starrend, auf dem Gelände verteilt herum.
Nach ein paar Tagen gewöhnte ich mich aber an den Rhythmus und als sich dann noch die ersten Meditationserfolge einstellten, genoss ich die Zeit hier und war motiviert fleißig zu sein.
Eine der wichtigsten Lehren bei diesem Schweigeretreat ist es, achtsam zu sein, die Vergangenheit loszulassen und nicht in der Zukunft zu leben. Eine andere wichtige Lektion ist liebende Freundlichkeit zu allen Lebewesen zu praktizieren. Außerdem das Leiden zu identifizieren und sich damit auf gesunde Weise auseinander zu setzen. Diese Lehren sind dazu gedacht, zu innerem Frieden und zu Ruhe zu finden.
Am Ende des Retreats war ich ruhig und ausgeglichen, es öffnete sich etwas im Brustbereich, und ich fühlte, wie jede Zelle in meinem Körper vibrierte.
Wie habe ich das Schweigeretreat als Rohköstlerin gemeistert?
Ich war damals 2 Jahre rohvegan, aß große Mengen an frischem Obst und Gemüse und war diesen Reichtum und die Fülle gewohnt. Natürlich konnte man nicht extra rohes Essen bestellen. Es gab, was es gab, und es musste mit 140 anderen Menschen geteilt werden. Das Essen war meistens vegan: Vollkornreis mit Thai-Curry oder Gemüse-Tofu. Zum Glück gab es ganz viel biologisches Grün aus dem Klosteranbau und auch richtig leckere Bananen, ebenfalls aus eigenem Anbau.
Zum Frühstück gab es immer Reissuppe, ein Heißgetränk, Bananen und Grün.
Zum Mittagessen gab es Reis, zwei vegetarische Gerichte und Früchte, meistens Bananen (Selbstbedienung), am Abend ein Heißgetränk. Trinkwasser (Regenwasser) wird zusätzlich gefiltert. Also außer Wasser, Grün und Bananen alles nicht meins. Ich war jedoch auch über das sehr froh.
Nur stand auch auf dem Bananenhaufen immer ein Schildchen, dass man erstmal nur eine nehmen und den anderen auch was lassen soll. Aber was sollte ich denn mit nur einer Banane?! Außerdem waren immer mehr als 140 da. Einmal, als ich die fünfte Banane in meine Schüssel getan habe, hat mir eine sehr gerechtigkeitsbewusste Teilnehmerin das Schild vors Gesicht gehalten. So musste ich immer um die Bananen kämpfen, den anderen gegenüber fair sein und habe oft am Tag über Mangos in Hülle und Fülle geträumt.
Es gab allerdings Tage, an denen es zum Mittag keine Bananen gab (jeden zweiten Tag). Ich wollte zuerst an diesen Tagen fasten, war aber nach dem 9-tägigem Wasserfasten vor einem Jahr immer noch nicht erholt, so dass ich Angst hatte, den Körper noch mehr zu verwirren. Ich habe dann beschlossen etwas Vollkornreis mit Curry und ganz viel frischen Blättern zu essen. Ich war dann zwar schön satt, konnte mich aber den Rest des Tages nicht auf die Meditation konzentrieren, weil mir das gekochte Essen schwer im Magen lag und nach einigen Tagen habe ich festgestellt, dass meine schmerzhaften Darmprobleme, die ich fast das ganze Leben vor der rohen Ernährung hatte, wieder zurückgekommen waren.
Das Schweigen und das Fehlen sozialer Kontakte fiel mir leicht, da ich auch sonst im Leben nichts vom vielen Nonsens-Gerede halte und gerne mal den ganzen Tag mit mir allein verbringe. Es erleichterte ungemein das Abschalten, um sich voll und ganz auf sich und die eigene Meditation zu konzentrieren.
Es war im Allgemeinen echt hart, aber es war das Leiden wert. Ungefähr ein Drittel der Teilnehmer haben das Schweigeretreat frühzeitig verlassen, die ersten gingen schon am zweiten Tag. Ich hatte es mir von Anfang an vorgenommen, bis zum Ende durchzuhalten, obwohl ich am 6. Tag, an dem keine einzige Banane zu den Mahlzeiten gereicht wurde, echt ausgezehrt war. Ich bin aber froh bis zum Schluss durchgehalten und so die volle Erfahrung gemacht zu haben.
Das Wichtigste, das ich im Schweigeretreat gelernt habe:
- Alles ist vergänglich. Wenn irgendetwas Unangenehmes passiert, dann denke ich: es ist vergänglich und wird früher oder später vorbei sein. Das macht mich ruhiger und ausgeglichener und lässt mich weniger leiden. Andererseits weiß ich, dass auch die schönen Sachen vergänglich sind sowie meine liebsten Menschen und auch ich selbst. Das lässt mich die Menschen und alles andere mehr schätzen und jede Sekunde genießen.
- Das Leben nach den Gesetzen der Natur. Es gibt kein Ich oder meins. Mein Körper gehört der Natur und soll dementsprechend behandelt werden, das heißt keine Chemie, keine verarbeiteten Sachen, am besten früh schlafen gehen und mit dem Sonnenaufgang aufstehen. Den Körper schätzen und dankbar sein, dass er da ist und gut funktioniert.
- Langer Atem ist der Schlüssel zu Ausgeglichenheit und Gesundheit. Wenn wir verärgert oder aufgeregt sind, haben wir kurzen Atem. Wenn wir bewusst lange Atmen und hier und jetzt sind, beruhigen sich alle Prozesse und wir fühlen uns ruhig und angenehm.
- Es tut sehr gut, wenn man nachmittags und abends nichts isst. Ich hatte zwar Hunger, weil es um 12:30 Uhr das letzte Mal Essen gab, habe jedoch festgestellt, dass ich leichter und konzentrierter war und mich allgemein besser fühlte. Wahrscheinlich werde ich nicht um halb eins das letzte Mal essen, sondern zwischen 16 und 17 Uhr. Es ist ein Supergefühl, mit leerem Magen ins Bett zu gehen.
Leicht war die Zeit im Schweigeretreat zwar nicht, doch freue ich mich, dass ich es gemacht habe.
Als ich das Schweigeretreat verließ, brauchte ich mehrere Tage, um meinen Kopf zu ordnen, mich an laute Geräusche zu gewöhnen und wieder in dieser manchmal sinnlos anmutenden Welt anzukommen. Ich hatte keine Lust auf Computer, Instagram, Facebook usw.
Nun bin ich achtsamer, zentrierter, weiß, wie man meditiert und werde versuchen diese wertvolle Erfahrung durch tägliche Meditationen und bewusstes Leben zu bewahren.
Wenn Du Interesse an mehr Artikel über Achtsamkeit und bewusstes Leben hast, hinterlasse einen Kommentar!
Victoria
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